Annäherung an ein zirkuläres Kollektionskonzept
Die Idee: Eine Alternative zum Modekonsum zu zeigen, einen anderen Weg zu gehen. Design als Prozeß darzustellen und dabei Lieblingsteile zu kreieren, die man nicht besitzen muss, sondern mit anderen teilen möchte.
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Im Sinne des Cradle to Cradle Gedanken so nachhaltig wie möglich zu arbeiten. Gesunde Produktionswege zu suchen und stetig zu verbessern, so dass keine schädlichen Rückstände für Natur und Mensch entstehen. Denn nur dann können Kollektionen wirklich schön sein. Aufmerksamkeit und Verständnis für die Wertigkeit von Textilien zu schaffen, sowie Anregungen für das Reparieren von beschädigten Kleidungsstücken zu geben.
otherways[project] ist die Annäherung an ein zirkuläres Kollektionskonzept, dass mit der Verwendung nachhaltiger Materialien beginnt. Der zirkuläre Gedanke schliesst den Fokuswechsel von Besitz zu Nutzen ein und verlängert damit die Tragedauer der einzelnen Produkte. Gleichzeitig lässt es den bewussten Kauf nach vorherigem Probetragen zu. Durch offensichtliche Reparatur von Beschädigungen in Anlehnung an traditionelle japanische Sticktechniken durchlaufen die Kleidungsstücke eine Transformation von partizipativem Gebrauchsdesign zum Kunstobjekt und erzählen Geschichten vergangener Träger. Im Sinne des geschlosssenen Kreislaufs können die einzelnen Kollektionsteile aufgrund ihrer natürlichen Materialität am Ende ihres Nutzungszyklus in den Kompostier- oder Up- und Recyclingprozeß übergehen.
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otherways[project] vereint verschiedene Ansätze der Nachhaltigkeit. Dazu gehört die Integration ethischer und ökologischer Aspekte sowie ein alternatives Konsumkonzept. Mit der Angabe aller zur Verfügung stehenden Daten verfolgt otherways[project] das Prinzip der Transparenz und schafft so anderen die Möglichkeit, ebenfalls auf diese Ressourcen zurückzugreifen.
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Closing the Loop:
Mit otherways[project] wird die Annäherung an einen geschlossenen textilen Kreislauf dargestellt. Annäherung deshalb, weil Nachhaltigkeit ein stetiger Entwicklungsprozess ist und erst mit einer vollständigen Cradle to Cradle Zertifizierung, die eine rückstandlose Rückführung aller einzelnen Produktkomponenten in den biologischen Kreislauf bestätigt, der bestmögliche Status Quo erreicht werden kann. Die Mindestordermengen sind in den meisten Fällen auch bei C2C zertifizierten Materialien derart hoch, dass otherways[project] als Kollektionskonzept nicht die Möglichkeit hat, mit diesen Produkten zu arbeiten. Darüber hinaus ist Nachhaltigkeit selbst bei besonders guten Materialien in Frage zu stellen, wenn dann wiederum Großmengen produziert werden müssen, die unter Umständen nicht wieder in den Kreislauf zurückgelangen, weil der Endverbraucher sich zum Beipspiel der Notwendigkeit nicht bewusst ist. Daher nutzen wir die bestmöglichen Zertifikate und legen dem Konzept das Prinzip des geschlossenen Kreislaufs zugrunde.
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Materialien:
Alle verwendeten Materialien besitzen unterschiedliche nachhaltige Qualitäten. Angefangen bei der Königsdisziplin mit Cradle to Cradle Zertifizierung über Ökotex 100 Zertifizierung bis hin zu recyceltem Cashmeregarn. Artgerechte Tierhaltung wird genauso berücksichtigt wie die Verwendung von sogenanntem Pre-Consumer Waste, bei dem Stoffreste aus anderen Produktionen genutzt werden. Die Natürlichkeit der einzelnen Materialien ließe eine Kompostierung fast aller Kollektionsteile zu, aufgrund unbekannter Herstellungsdetails beim Pre-Consumer Waste ist bei manchen Produkten allerdings nur ein Up- oder Recyceln sinnvoll.
Der nachfolgende Überblick zeigt die jeweiligen Materialien, die derzeit genutzt werden oder deren Einsatz künftig geplant ist.
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Merinowolle
GOTS, bluesign, IVN, Ökotex 100, KBT und EXP zertifiziert. Die Wolle stammt zudem aus artgerechter Tierhaltung, d.h. die Merinoschafe werden nicht den quälenden Prozessen des Muelsing ausgesetzt.
Hersteller: Schoeller (Österreich), Qualität Supreme GOTS KBT EXP
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Kaschmirewolle
Das Kaschmirgarn stammt aus 95% recycelten Kaschmirfasern und 5% neuer Merinowolle. Zur Herstellung werden Produktionsabfälle und -überhänge eingesetzt, die als Pre-Consumer Waste bezeichnet werden. Durch die Verwendung überwiegend recycelter Fasern werden keine neuen Faserrohstoffe genutzt, ihre begrenzte Verfügbarkeit wird geschont.
Hersteller: Filpucci (Italien), Qualität Ninetyfive
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Britischer Wollstoff
Webstoff aus 100% britischer Schafwolle, gefärbt mit natürlichem Indigo.
Hersteller: London Cloth Company (England), Qualität Sloane
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Baumwolle
Der unbehandelte Denimstoff stammt aus der Produktion des belgischen Labels letsbehonest.eu. Die einzelnen Bestandteile sind 56% Urbanfibres (Post-Consumer Waste), 23% Baumwolle, 21% Tencel. Die Färbung des Denims erfolgt über eine umweltschonende Technik (www.smartindigo.com). So kann auf den Einsatz von Chemikalien im Färbeprozess verzichtet werden.
Hersteller: Let's be honest (Belgien)
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Baumwolle als Hemdenstoff
Mit einer Mischung aus 36% Post-Consumer Waste Denim und 64% Baumwolle bzw. 44% Post-Consumer Waste und 66% Baumwolle greifen beide Stoffe auf die Verwertung bereits gebrauchter Fasern zurück.
Hersteller: Enschede Textielstad (Holland), Qualität 37.17 Panama und 100.17 Chambray
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Leinen
Dieses Material besitzt durch seine natürlichen Eigenschaften eine besonders hohe Kompostierbarkeit und kann normalerweise zu 100% in den biologischen Kreislauf zurückgeführt werden. Da hier Pre-Consumer Waste verarbeitet wird, also Reste aus anderen Produktionen, ist die ursprüngliche Produktionsweise unbekannt. Der Aspekt der Kompostierbarkeit bleibt hier unberührt, weil keine chemische Analyse des Stoffes vorliegt.
Hersteller: Staatsoper Hamburg (Deutschland), pre-consumer waste
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Tencel
Im Gegensatz zur Herstellung anderer Zellulosefasern werden in der Produktion von Tencel deutlich weniger Chemikalien eingesetzt, um das Ausgangsmaterial Holz für die textile Verarbeitung aufbereiten zu können. Tencel zeichnet sich neben seinen besonderen Trageeigenschaften durch seine hohe Kompostierbarkeit aus und kann je nach Zertifizierung und Verarbeitung in den biologischen Kreislauf zurückgeführt werden. Unser Nähgarn ist Cradle to Cradle zertifiziert und besteht aus 100& Tencel.
Hersteller: Denim by letsbehonest.eu (Belgien), 21% Tencel; Johann Müller AG (Schweiz), Qualität Tencel
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Ramie
Grundlage für Ramie ist die Zellulosegewinnung aus der Nesselpflanze. Im Verarbeitungsprozess von der Pflanze zur textilen Faser wird den Blättern ein biologisches Enzym beigesetzt, das zur Zersetzung der harten Pflanzenbestandteile führt. Durch das darauf folgende kurze Aufkochen wird die feine Substanz komplett von groben Faserteilen gelöst und kann in weiteren Arbeitsschritten zu Garn verarbeitet werden. Die im Herstellungsprozeß benötigten Wassermengen werden recycelt und mehrfach genutzt. Nesseln gehören zu den besonders schnell nachwachsenden Rohstoffen, die als robuste Pflanzen keiner besonderen Pflege bedürfen.
Hersteller: Anthyia (China), Qualität Ramie
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Peacesilk
Bei der Gewinnung der feinen Fasern aus dem Verwandlungsprozess der Eri-Seidenraupe werden ausschließlich bereits verlassene Kokons gesammelt und für die Herstellung von Seidengarnen genutzt. Dadurch wird das in herkömmlicher Produktion übliche Auskochen der Kokons, wodurch die Raupe im Inneren getötet wird, überflüssig.
Hersteller: Five P Venture (Indien)
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Zubehör
Zutaten wie Knöpfe oder Reissverschlüsse werden grundsätzlich weitestgehend vermieden. Das Vermischen von unterschiedlichen Materialien erschwert das Kompostieren, bzw. Recyceln, da alle nicht biologisch abbaubaren Komponenten von den Kleidungsstücken zunächst entfernt und dann getrennt gesammelt werden müssen,bevor diese in den Kreislauf zurückgeführt werden können. Die verwendeten Knöpfe werden aus 96% Casein hergestellt und sind kompostierbar.
Hersteller: Courtney & Co (England), Qualität Codelite Tewkesbury
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Design/Produktion:
Alle Modelle sind zeitlos, nicht trendabhängig und kombinierbar mit verschiedenen Stilrichtungen. Dies ermöglicht eine lange Tragedauer und Flexibilität im Zusammenstellen persönlicher Outfits. Die Entwürfe richten sich nicht an den unzähligen Saisons der Modebranche, die sie in ihrer langlebigen Existenz obsolet machen würden. Designs können beliebig ergänzt werden, ohne dass ältere Kollektionsteile ihre Kompatibilität im Gesamtkonzept verlieren.
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Der Designprozess ansich bietet verschiedene Optionen der Nachhaltigkeit. So kann zum Beispiel bewusst Abfall vermieden oder durch bestimmte Gestaltungsdetails eine flexiblere Nutzung der Kollektion ermöglicht werden. Die während der Nutzung entstehenden optischen Veränderungen durch Reparatur der Kollektion zeigen eindrucksvoll, wie sich Design mit einem ganz eigenen Charakter durch Gebrauch entwickeln kann (Craft of Use).
Für otherways[project] werden Hand- und Maschinenstrickdesigns entwickelt, bei deren Herstellung Abfälle nur in minimaler Form von Fadenabschnitten entstehen. Pullover und Jacken werden aus konfektionierten Strickteilen zusammengesetzt, dadurch entstehen keine Schnittreste in der Produktion.
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Seitennähte der Konfektion werden mit großzügigen Nahtzugaben versehen, die eine Anpassung an sich verändernde Körperformen zulassen. Gleichzeitig geben Details wie Tunnelzüge die Möglichkeit einer Größenjustierung. Die Kollektion ist dadurch für den einzelnen Kunden länger nutzbar und bleibt auch bei einer Gewichtszu- oder abnahme tragbar. Darüber hinaus kommen Zero Waste Schnitte zum Einsatz, bei denen durch die Entwicklung und Positionierung der einzelnen Schnittteile im Zuschnitt kein Stoffrest übrig bleibt. Die Kollektionsteile erhalten einen QR-Code, mit dessen Hilfe sich Informationen über die Materialzusammensetzung, Herkunft und Pflege der Produkte abrufen lassen. Damit erleichtern wir zusätzlich den Recyclingprozeß, weil die verwendeten Materialkomponenten schneller zu erfassen und zu sortieren sind.
Um kurze Wege im Rahmen der Produktion einzuhalten, wird die otherways[project] Kollektion im Raum Hamburg gefertigt. Dies geschieht zum Teil per Hand, zum Teil an der Maschine und ermöglicht die Umsetzung von Unikaten und kleinen Serien. Eine lokale Produktion bietet die Chance einer engeren Zusammenarbeit und leichterer Absprachen.
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Craft of Use:
Von Kleidung zur Kunst und dazwischen ein Lebenszyklus, der so lang wie möglich ist. Die einfachste Form, die physisch mögliche Tragedauer eines Kleidungsstückes auszudehen, geschieht über die Ausbesserung von Beschädigungen. Mit einer deutlich sichtbaren Reparatur in Anlehnung an japanische Handarbeitstechniken können einzelne Kollektionsteile nicht nur länger im Umlauf bleiben. Sie erhalten darüber hinaus einen besonderen, individuellen Charakter, der mit der Zeit an Intensität gewinnt und vom (Ab-) Nutzen lebt. Dieser Prozess der Gestaltung durch Nutzen wird auch als "Craft of Use" bezeichnet (Kate Fletcher).
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Je intensiver und variantenreicher die Reparaturen werden, desto artifizieller wirkt das Kleidungsstück am Ende - eine Transformation zum Kunstwerk.
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Verleih:
Erfolgreiche Sharingkonzepte im Bereich anderer Luxusgüter zeigen, dass wir nicht alles besitzen müssen, was wir nutzen. Warum sollten wir nicht auch unseren Kleiderschrank teilen und temporär um Teile ergänzen, die uns nicht gehören? Jedes Jahr landen 70% unserer Bekleidung auf der Mülldeponie und haben vom Zeitpunkt ihrer Entstehung bis zu ihrer Entsorgung in den meisten Fällen schon irreparable Schäden an Mensch und Natur verursacht. Aussortiert weil kaputt, nicht mehr im Trend oder weil einfach kein Platz für die neuen Anschaffungen ist. Damit sind sie oft schon lange vor Ende ihres Lebenszyklus zum Bestandteil eines globalen Müllproblems geworden.
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otherways[project] ist ein Beispiel dafür, dass es auch anders geht. Der Fokus liegt nicht auf dem Verkauf der Kollektion, sondern auf dem partizipativen Nutzen. Für einen bestimmten Zeitraum können die einzelnen Kollektionsteile über den Shop ausgeliehen und mit dem eigenen Kleiderschrank kombiniert werden. Um die Reinigung der Produkte nach dem Ausleihen kümmern wir uns.
Die Produktion für den Verkauf erfolgt ausschließlich auf Bestellung, d.h. es kommt in keinem Fall zu Restbeständen oder Produktionsüberhängen. Auch bei einem Kauf wird unter den gleichen Bedingungen wie beim Verleih lokal produziert. otherways[project] nimmt die in den Verkauf gegangenen Kollektionsteile nach Gebrauch wieder zurück. So behalten wir den Überblick über die Verwertung der einzelnen Kleidungsstücke nach ihrer Nutzung und können diese ebenfalls zum Recycling geben oder als Grundlage für ein Upcycling verwerten.
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